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Türken in Frankreich: Einblicke in Geschichte und Leben heute

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Haben Sie schon einmal das geschäftige Treiben im Pariser Viertel Strasbourg-Saint-Denis erlebt? Dort, wo der Duft von frisch gebackenem Simit und gegrilltem Fleisch in der Luft liegt, spürt man den Herzschlag einer der lebendigsten Gemeinschaften Europas. Es geht hier nicht nur um Gastronomie – es geht um eine tief verwurzelte Geschichte, die Frankreich und die Türkei seit Jahrzehnten verbindet.

Dies ist kein trockener Geschichtsunterricht. Wir tauchen ein in die Realität der Türken in Frankreich: Wer sind sie, wie kamen sie hierher, und wie prägen sie heute Wirtschaft und Kultur der „Grande Nation”?

Fransa'daki Türkler

Mehr als nur Gäste: Die türkisch-französische Gemeinschaft heute

Die türkisch-französische Gemeinschaft, oft als Franco-Türken bezeichnet, ist eine feste Größe in der europäischen Demografie. Anders als in Deutschland, wo die Einwanderung etwas früher begann, startete die große Welle in Frankreich offiziell Mitte der 1960er Jahre. Heute schätzen Experten die Zahl der Menschen türkischer Herkunft in Frankreich auf 800.000 bis über 1 Million. Damit beherbergt Frankreich nach Deutschland die zweitgrößte türkische Gemeinschaft in Europa.

Aber Zahlen erzählen nur die halbe Wahrheit. Was diese Gemeinschaft auszeichnet, ist ihre Fähigkeit zur Synthese: Sie bewahren ihre anatolischen Wurzeln und navigieren gleichzeitig erfolgreich durch die französische Republik und ihre Werte der Laizität (Säkularismus).

Einwanderungsgeschichte: Das Abkommen von 1965

Während Deutschland 1961 sein Anwerbeabkommen unterzeichnete, folgte Frankreich kurz darauf. Der entscheidende Wendepunkt war das bilaterale Arbeitskräfteabkommen vom 8. April 1965 zwischen Frankreich und der Türkei. Frankreich brauchte Arbeitskräfte für die Industrie und den Bau, und viele Menschen aus ländlichen Gebieten der Türkei suchten neue Perspektiven.

Was als temporäre „Gastarbeit” begann, entwickelte sich schnell zu einer dauerhaften Heimat. In den 1970er Jahren folgte der Familiennachzug, der die demografische Struktur grundlegend veränderte. Aus Arbeitersiedlungen wurden Familienviertel, und die erste Generation legte den Grundstein für die heute erfolgreichen Unternehmer der zweiten und dritten Generation.

Warum Frankreich? Die Motive der Migration

Die Gründe für die Migration haben sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt, bleiben aber im Kern ähnlich:

  1. Wirtschaftliche Perspektiven: Ursprünglich ging es um Arbeitsplätze in der Industrie. Heute ziehen hochqualifizierte Fachkräfte und Unternehmer nach Frankreich, um in den dynamischen Märkten von Paris oder Lyon Fuß zu fassen.
  2. Bildungsexzellenz: Französische Universitäten wie die Sorbonne genießen Weltruf. Viele türkische Familien und Studenten wählen Frankreich gezielt für ein Studium aus.
  3. Familienzusammenführung: Da bereits eine große Gemeinschaft existiert, ist das soziale Netzwerk ein starker Anker für Neuankömmlinge.
  4. Rechtssicherheit: Wenn Sie planen, Dokumente für Ihren Aufenthalt vorzubereiten, ist es wichtig, die bürokratischen Schritte zu kennen. Ein Blick auf unseren Leitfaden zur Legalisierung ausländischer Dokumente kann hier sehr hilfreich sein.

Wo leben die Türken in Frankreich? Die Hochburgen

Die Verteilung der türkischen Gemeinschaft ist nicht zufällig. Sie konzentriert sich stark auf industrielle Zentren und den Osten des Landes:

  • Elsass (Alsace): Regionen wie Straßburg und Mulhouse haben eine der höchsten Dichten an türkischen Einwohnern. Die Stadt Bischwiller wird scherzhaft manchmal sogar als „Turkwiller” bezeichnet, da die Gemeinschaft dort so prägend ist.
  • Paris & Île-de-France: Besonders das 10. Arrondissement um die Rue du Faubourg Saint-Denis ist bekannt als „La Petite Turquie”. Hier finden Sie alles, vom türkischen Souvenir bis zum besten Baklava der Stadt.
  • Rhône-Alpes: Städte wie Lyon und Grenoble sind ebenfalls wichtige Zentren mit einer starken Vereinsstruktur.

Wirtschaft und Kultur: Ein spürbarer Einfluss

Der Einfluss der türkischen Gemeinschaft auf die französische Wirtschaft hat sich massiv gewandelt. Waren die Großväter noch am Fließband oder auf dem Bau tätig, so dominieren ihre Enkel heute oft das Baugewerbe (BTP) als Unternehmer. Viele kleine und mittelständische Bauunternehmen in Ostfrankreich werden von Franco-Türken geführt.

Kulturell hat sich eine interessante Mischung entwickelt. Die französische Vorliebe für gutes Essen trifft auf die reiche anatolische Küche. Es geht längst nicht mehr nur um Döner Kebab; gehobene türkische Restaurants und Kulturfestivals in Paris zeigen die Breite des kulinarischen Erbes.

Wichtige Organisationen und Netzwerke

Die Gemeinschaft ist hervorragend organisiert. Hier sind die wichtigsten Anlaufstellen, wenn Sie Anschluss suchen oder geschäftliche Kontakte knüpfen wollen:

  1. Union des Associations Turques de France (UATF): Ein Dachverband, der zahlreiche lokale Vereine koordiniert und sich für die kulturelle und soziale Integration einsetzt.
  2. Fédération des Entrepreneurs Franco-Turcs (FEDIF): Früher oft unter verschiedenen Akronymen bekannt, ist dies ein wichtiges Netzwerk für Geschäftsleute. Sie fördert den Handel und hilft Unternehmern bei der Vernetzung in beiden Ländern.
  3. Association Culturelle Turquie-France: Diese Vereine (oft lokal organisiert, z. B. in Paris) fördern den Dialog durch Kunst, Sprache und gemeinsame Veranstaltungen.
  4. Chambre de Commerce Franco-Turque (CCFT): Mit Sitz in Marseille und Paris ist die Handelskammer die erste Adresse für Import-Export-Geschäfte. Wenn Sie geschäftliche Dokumente beglaubigen lassen müssen, werfen Sie auch einen Blick auf unseren Artikel zur Beglaubigung in der Türkei.

Die Türkische Botschaft in Paris

Für konsularische Angelegenheiten, Visa oder offizielle Vertretung ist die Botschaft in Paris Ihre primäre Anlaufstelle. Sie befindet sich in einem historischen Gebäude im prestigeträchtigen 16. Arrondissement.

Kontaktinformationen

Adresse:
16, Avenue de Lamballe
75016 Paris, Frankreich

Kommunikation:
Telefon: +33 1 53 92 71 11
E-Mail: ambassade.paris@mfa.gov.tr

Bitte beachten Sie, dass für die meisten konsularischen Dienstleistungen (wie Passerneuerung oder Vollmachten) vorab ein Termin online vereinbart werden muss.

Die Geschichte der Türken in Frankreich ist eine Geschichte des Ankommens und Bleibens. Sie ist ein Beweis dafür, dass Integration gelingen kann, ohne die eigene Identität aufzugeben. Ob als Bauunternehmer im Elsass oder als Künstler in Paris – die Spuren dieser Gemeinschaft sind aus dem modernen Frankreich nicht mehr wegzudenken.

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