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Import aus der Türkei: Der Experten Guide für Händler (Stand 2026)

6 Min. Lesezeit Aktualisiert: December 18, 2025

Während globale Lieferketten in Asien oft ins Stocken geraten, boomt der Handel direkt vor der europäischen Haustür. Die Türkei hat sich längst von der klassischen „Urlaubsdestination” zum strategischen Produktionsstandort für Europa gewandelt. Mit einem Handelsvolumen von mittlerweile ca. 219 Milliarden USD (2024) ist das Land am Bosporus für viele deutsche Unternehmen unverzichtbar geworden.

Doch Vorsicht: Die Nähe täuscht über die bürokratischen Hürden nicht hinweg. Seit Ende 2024 gelten verschärfte Regeln für Lebensmittel, neue Steuervergünstigungen für Kunsthändler und digitale Revolutionen beim Zollpapier. Wer hier nach alten Ratgebern handelt, riskiert, dass die Ware im Zoll stecken bleibt.

Dieser Leitfaden ist kein theoretisches Lehrbuch. Er ist Ihr Praxis-Update für den Import aus der Türkei – mit den harten Fakten für 2025 und den Ausblick auf 2026.

Import aus der Türkei Logistik LKW

Markt-Update: Warum die Türkei Europas Werkbank ist

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Im November 2025 lagen die türkischen Gesamtexporte bei beachtlichen 22,7 Milliarden USD. Deutschland ist dabei nicht irgendein Partner, sondern der wichtigste Abnehmer türkischer Waren. Umgekehrt sind über 8.000 deutsche Unternehmen vor Ort aktiv.

Was bedeutet das für Sie? Sie importieren aus einem hochintegrierten Markt. Über 100.000 türkisch stämmige Unternehmer in Deutschland bilden bereits eine gewaltige Brücke mit einem Jahresumsatz von über 50 Milliarden Euro. Nutzen Sie diese Netzwerke. Die Türkei liefert heute weit mehr als nur Haselnüsse und T-Shirts – sie ist ein Hub für Automobilteile, Maschinenbau und hochwertige Solarmodule.

Die Bürokratie-Realität: Dokumente, die wirklich zählen

Vergessen Sie veraltete Checklisten. Hier ist das Update, was der Zoll 2026 wirklich sehen will.

1. Das A. TR: Endlich digital

Das wichtigste Dokument für den zollfreien Import von Industriewaren ist die Warenverkehrsbescheinigung A. TR. Das große Update für 2025: Der Zwang zur „nassen Tinte” (Wet-Ink-Unterschrift) ist Geschichte. Seit dem EU-Kommissionsbeschluss Nr. 1/2025 (veröffentlicht Juli 2025) werden elektronische A. TR-Dokumente mit QR-Code in der gesamten EU voll akzeptiert. Wenn Ihr Lieferant noch Dokumente per Post schickt, weisen Sie ihn auf das digitale Verfahren hin – das spart Ihnen Tage.

2. Die EORI-Nummer (Pflicht!)

Ohne EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification) bewegt sich nichts. Auch 2026 ist die Beantragung über das deutsche Zoll-Portal kostenlos. Profi-Tipp: Warten Sie nicht auf den offiziellen Bescheid. Die Bestätigung des Antrags reicht oft schon aus, um bei einer eiligen Zollanmeldung den Prozess anzustoßen, während die Nummer (die 2-3 Wochen dauern kann) generiert wird.

3. Handelsrechnung & Ursprungszeugnis

Für Textilien benötigen Sie bei vorliegendem A. TR meist kein gesondertes Ursprungszeugnis mehr (Ausnahme: Anti-Dumping-Maßnahmen). Achten Sie aber peinlich genau auf die Handelsrechnung: Jede Position muss korrekt mit dem HS-Code (Zolltarifnummer) übereinstimmen.

Zollabfertigung Waren Türkei

Geld sparen: Zölle, Steuern und die Kunst-Sensation 2025

Die 150-Euro-Grenze bleibt (noch)

Entgegen vieler Gerüchte: Auch 2025 gilt die Zollfreigrenze von 150 Euro für Importe aus der Türkei. Bleibt der Warenwert darunter, zahlen Sie keinen Zoll (aber Einfuhrumsatzsteuer!). Eine Abschaffung wird auf EU-Ebene erst für 2028 diskutiert. Aber Achtung: Die alte 22-Euro-Freigrenze für die Steuer ist längst Geschichte. Sie zahlen Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) ab dem ersten Cent.

Steuersätze: Der Hammer für Kunsthändler

Der reguläre Satz für die Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland beträgt weiterhin 19 % (ermäßigt 7 %). Doch es gibt eine massive Änderung durch das Jahressteuergesetz 2024: Seit dem 1. Januar 2025 gilt für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke wieder der ermäßigte Steuersatz von 7 % (statt vorher 19 %).

Für Antiquitäten, die älter als 100 Jahre sind (Zolltarifnummer 9706), fallen zudem 0 % Zoll an. Das macht den Import von osmanischen Antiquitäten oder moderner türkischer Kunst so attraktiv wie seit Jahren nicht mehr.

Sektoren im Fokus: Wo die Fallen lauern

1. Textilien & Bekleidung

Textilien sind der Klassiker. Die Türkei ist hier Weltklasse – schauen Sie sich nur die Top Jeans-Hersteller oder Heimtextilmarken an.

Die Falle: Muster-Sendungen. Wenn Sie Muster bestellen, lassen Sie diese unbedingt verstümmeln (z. B. ein Loch im Ärmel) oder klar als „Sample without commercial value” deklarieren. Andernfalls schätzt der Zoll den Wert und Sie zahlen voll.

2. Schmuck: Vorsicht beim Versand

Türkischer Schmuck ist begehrt (siehe unseren Guide zu den besten Schmuckmarken), aber logistisch ein Albtraum, wenn man die Regeln nicht kennt.

Das Praxis-Problem 2025: Insbesondere beim Versand über Frankreich (z. B. via Paris CDG mit UPS) gelten extrem strenge Wertgrenzen (oft max. 500 USD pro Paket für fertigen Schmuck). Zudem müssen seit September 2025 alle Sendungen zwingend die ICS2 Release 3 Daten (6-stelliger HS-Code, verifizierte Absenderdaten) enthalten. Fehlen diese digitalen Daten, wird das Paket gar nicht erst verladen.

3. Lebensmittel & Honig: Verschärfte Kontrollen

Seit dem 29. November 2024 weht ein anderer Wind beim Honig-Import. Aufgrund zahlreicher RASFF-Sicherheitswarnungen (Rekordwert von 488 Warnungen in 2024) prüft die EU extrem genau.

    • TRACES-Pflicht: Ihr Lieferant muss offiziell in der EU-Datenbank TRACES gelistet sein. Kein Listing, kein Import.


    • Health Certificate: Jede einzelne Sendung benötigt ein gültiges Gesundheitszeugnis im Original. Kopien werden an der Grenze gnadenlos abgelehnt.

Logistik & Transport: Straße schlägt Luft

Anders als beim Import aus China, ist bei der Türkei der LKW (Landfracht) oft der Gewinner. Die Transitzeiten liegen meist zwischen 5 und 7 Tagen bis nach Deutschland. Es ist günstiger als Luftfracht und flexibler als Seefracht.

Incoterms-Tacheles: Viele türkische Lieferanten bieten „EXW” (Ex Works) an. Das bedeutet, Sie haften, sobald die Ware die Rampe verlässt. Versuchen Sie, auf „FCA” (Free Carrier) zu verhandeln – so muss der Lieferant zumindest die Ausfuhrzollanmeldung in der Türkei übernehmen. Das spart Ihnen Nerven mit türkischen Zollbehörden.

Fazit: Erfolgreich importieren in 2026

Der Import aus der Türkei bietet 2026 riesige Chancen, besonders durch die Währungsunterschiede und die geografische Nähe. Wer die großen Player im Markt kennt und seine Hausaufgaben bei A. TR und EORI macht, kann seine Marge deutlich verbessern. Aber: Die Zeiten des „Wilden Westens” sind vorbei. Digitalisierung und strengere EU-Kontrollen bei Lebensmitteln fordern Professionalität.

Brauche ich 2026 noch ein Ursprungszeugnis für Textilien aus der Türkei?

In den meisten Fällen reicht bei Vorliegen einer A. TR-Bescheinigung das Ursprungszeugnis nicht mehr aus. Es ist jedoch zwingend erforderlich, wenn für die Ware handelspolitische Maßnahmen wie Anti-Dumping-Zölle gelten.

Wie hoch ist die Zollfreigrenze für Importe aus der Türkei?

Die Zollfreigrenze liegt auch 2025 bei 150 Euro Warenwert. Darunter fallen keine Zölle an, jedoch muss immer die Einfuhrumsatzsteuer (19% oder 7%) entrichtet werden.

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